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Zeitungsartikel zur Kampagne "Hände weg vom Conne Island"


Inhalt:




[Kreuzer, Januar 2004]

Streitfall Conne Island

Seit dem alternativen Jugendzentrum Conne Island Mitte November die Gemeinnutzigkeit aberkannt wurde, sieht sich das Projekt in seiner Existenz bedroht. Doch der Widerstand wächst und trägt erste Früchte.

Tausende Menschen strömten am 7. Dezember wie jeden Sonntagnachmittag auf den Leipziger Weihnachtsmarkt. Die aus allen Ecken tönenden Weihnachtsmelodien legten sich als besinnlicher Schleier über das geschäftige Treiben.
Nur einen Steinwurf entfernt, in der Universitätsstraße, tönte es anders: "Zehn, neun, acht, sieben ..." – Hunderte Demonstranten zählten den Countdown. Dann stürmten sie unter lautem Gejohle in Richtung Innenstadt los. An der Moritzbastei wurde der angriffslustige Protestzug gerade noch von einer Polizeikette gestoppt. Nach dem Willen des Ordnungsamtes sollte die Demonstration für den Erhalt des soziokulturellen Zentrums Conne Island hier enden. Doch ein Großteil der etwa 800 Teilnehmer – unter ihnen viele junge Antifas, Sprayer, HipHopper and Oi-Skins – nahm dies nur widerwillig hin.
Auslöser fur die aufgewühlten Emotionen war ein Schreiben des Finanzamtes vom 17. November 2003. Darin wurde den Conne Island-Betreibern mitgeteilt, dass sie in Zukunft keine Gemeinnützigkeit mehr beanspruchen dürfen. Zudem wurde ihnen diese steuerrechtliche Begünstigung in einem Bescheid vom 29. November nachträglich rückwirkend bis 1999 aberkannt.
Fur den Geschäftsfuhrer des Projektes, Christian Schneider, kommt dies einem "harten Schlag mitten ins Gesicht" gleich. Die Gemeinnützigkeit sei eine Voraussetzung fur alle Fördervertrage mit der Stadt, die einen uberwiegenden Teil der Miet- und Personalkosten trägt. "Dieser Kostenübernahme ist nunmehr die Grundlage entzogen." Die Entscheidung der Finanzbehörde bedeute außerdem, dass eine riesige Steuernachforderung auf den Verein zukomme. Bei der ohnehin angespannten Haushaltslage könne dies das Ende des alternativen Projekts nach sich ziehen.
Der Kulturbeigeordnete Georg Giradet sieht die Situation entspannter. Zwar teilt er die Prognose, dass der Haushalt des Conne Island nach dem vorliegenden Sachstand in einer anderen Dimension steuerpflichtig würde. Allerdings sieht er "keine Automatik, nach der das Kulturamt nun Fördermittel zurückverlangen müsse." Viel wichtiger ist es für Girardet, der immer wieder beteuert, wie wichtig die Arbeit des Conne Island für die Stadt sei, sich den Gründen fur die aufgetretenen Probleme zuzuwenden.
Das Finanzamt wirft dem Conne Island vor, auf alle Eintrittspreise eine so genannte "Antifamark" aufgeschlagen zu haben. Mit diesem inzwischen ausgesetzten Zuschlag hatte das Projekt antifaschistische Initiativen unterstützt, um deren notorische Finanzschwäche auszugleichen. Vom Geld wurden u. a. Druckkosten fur Plakate beglichen und Referenten von Diskussionsveranstaltungen bezahlt. Die Leipziger Finanzbehörde kritisiert daran, dass nicht-gemeinnützige Gruppen so steuerliche Vorteile erhalten. Auch sei der steurrechtliche Verbleib des Polit-Geldes nicht nachvollziehbar. Schließlich beurteilt das Finanzamt die unentgeltliche Nutzung von Räumen des Conne Island durch politische Gruppen als schädlich im Sinne des Gemeinnützigkeitsrechts.
Das linksalternative Projekt sieht damit zwei Eckpfeiler des bisherigen Selbstverständnisses angegriffen. Die Vorwürfe seien nicht völlig aus der Luft gegriffen, nur gingen die Betreiber des Conne Island davon aus, mit ihrer öffentlich seit langem bekannten Praxis geistige Interessen, Bildung and Kultur zu fördern. Damit glaubte der Verein in Überseinstimmung mit §52 der Deutschen Abgabenordnung zu handeln, der die Voraussetzungen für die Erteilung der Gemeinnützigkeit festhält.
Selbst Girardet, der ansonsten eine zurückhaltende Interpretation der Vorgänge empfiehlt, findet den Sinneswandel der Finanzbehörde fragwürdig. Es falle auf, "dass gewisse Dinge jahrelang akzeptiert wurden, die jetzt negativ zur Bewertung der Gemeinnützigkeit herangezogen werden".
Im Leipziger Süden findet der Geschaftsführer des Conne Island deutlichere Worte. "Hinter den Entscheidungen des Finanzamtes Leipzig muss politischer Druck vermutet werden", so Schneider gegenüber dem KREUZER. Wie sonst sei der plötzliche Positionswechsel und die zunächst mangelnde Verhandlungsbereitschaft der Finanzbehörde zu erklären?
Fur Schneiders Verdacht spricht, dass seit dem 12. Mai 2003 im Regierungspräsidium Leipzig ein Bericht des sächsischen Verfassungsschutzes über das Conne Island existiert. Mit dem Dossier versucht die Geheimdienstbehörde des Freistaates "die Nähe des Jugend- and Kulturzentrums zur linksextremistischen autonomen Szene Leipzige" zu verdeutlichen. Zwar bestehe der Bericht im Wesentlichen nur aus der "Aneinanderreihung des Offensichtlichen", so Schneider, es falle jedoch die Übereinstimmung zur Argumentation des Finanzamtes auf.
So wird auch im Geheimdienst-Dossier auf die Überlassung von Räumlichkeiten fur linke Gruppen und die "Antifamark" verwiesen. In einer schriftlichen Stellungnahme weist die Pressesprecherin des Regierungspräsidiums jedoch die Vermutung zurück, die Verwaltungsbehörde des Freistaates stecke hinter der Aberkennung der Gemeinnützigkeit. Und auch das Finanzamt bestreitet die Kenntnisnahme eines solchen Papiers. Auf die Frage, ob die Aberkennung der Gemeinnützigkeit politisch motiviert sei, reagiert der Vorsteher der Behörde, Curt-Hildebrand von Einsiedel, fast belustigt. Er könne "ja verstehen, dass jemand, der in Not ist, mal Gespenster sieht". Der Amtschef bedauert, dass er aufgrund des Steuergeheimnisses in der konkreten Sache Stillschweigen bewahren musse. Nur ganz allgemein wolle er anmerken, dass die Überprufung der Gemeinnützigkeit Leipziger Vereine ein normaler Vorgang sei, der sich an einer bundesweit gefestigten Rechtssprechung orientiere.
Was zunächst wie ein Allgemeinplatz aus der Beamten-Schublade klingt, deutet auf einen anderen Erklärungsansatz. Der neue restriktive Umgang mit der Gemeinnützigkeit von Vereinen kann auch auf eine bundesweite Sparlogik zurückzuführen sein, die vorallem Vereine im Osten trifft. Der Vorsitzende des Kulturausschusses im Stadtrat Michael Koelsch (Bündnis 90/Grüne) berichtet von seinen persönlichen Erfahrungen. Als seinem im Leipziger Umland gegründeten Verein die Gemeinnützigkeit nicht zugestanden wurde, habe der zuständige Beamte dies mit einer Richtlinie von "ganz oben" erklärt. Danach müsse im Osten häufig der Rotstift angesetzt werden, da es hier nach einer freizügigen Vergabephase am Anfang der wiedervereinigten Republik zu viele gemeinnützige Vereine gäbe.
Richtig ist, dass nicht nur das Conne Island, sondern auch andere Leipziger Vereine wie das alternative Wohnprojekt in der Braustraße oder der Fußballverein Roter Stern in Sachen Gemeinnutzigkeit in letzter Zeit in die Bredouille geraten sind.
Für das Conne Island ist dies keine Erleichterung. Vielmehr bedeutet es, dass der scharfe Wind aus mehreren Richtungen bläst. Nichtsdestotrotz gibt sich das linke Zentrum widerstandsbereit. Mit Hilfe von Rockstars wie den Ärzten oder den Toten Hosen, die mehrfach im Conne Island aufgetreten sind, würden die Betreiber den Konflikt gern popularisieren. Von der Kulturprominenz erhoffen sie sich eine medienwirksame Unterstützung der laufenden Solidaritätskampagne. Geschäftsführer Schneider lächelt bei dem Gedankenspiel, dass es so gelingen könnte, die Existenz des Conne Island in den Kinderzimmern sächsischer Staatsbeamter zu verhandeln. Mehr als darauf, baue man jedoch auf die gute Zusammenarbeit mit der Stadt Leipzig und die breite Identifikation der alternativen Szene mit dem bedrohten Projekt.
Dass sich das Finanzamt in einem neuen Schreiben vom 9. Dezember gesprächsbereiter zeige als zuvor und gar Verhandlungen mit den Betreibern über eine vorläufige Gemeinnützigkeit in Aussicht stellt, interpretiert die Island-Crew in einem Flugblatt als einen ersten "Etappensieg". Dieser wäre wohl auch den Protestaktionen zu verdanken. Ob dies wirklich der Fall ist, lässt sich schwer nachweisen. Offensichtlich ist aber, dass sich alle Beteiligten mittlerweile darum bemühen, das explosive Konfliktpotenzial zu entschärfen.
Als die jugendlichen Demonstranten am 7. Dezember auf die Polizeikette zu rannten, schallte die Coverversion des AC/DC-Klassikers "TNT" aus dem Lautsprecherwagen des Protestzuges. Einen Augenblick spater stieg dichter Nebel einer Rauchbombe auf. Bis sich die Schwaden verzogen hatten, war ein Teil der Demonstrationsteilnehmer schon in Richtung Innenstadt durchgesickert. "Island, Island", tönten jetzt die Sprechchöre mitten im Zentrum der vorweihnachtlichen Idylle.

Uli Schuster

Das Conne Island
existiert seit 1991. Konzertliebhabern und Bands ist es weit über die Stadtgrenzen hinaus ein Begriff. Daneben ist das Conne Island fur seine Unterstützung linker Gruppen bekannt. Schon in der Gründungsphase fielen die damaligen Betreiber - zum großen Teil Anarchos, die bereits gegen das DDR-System rebelliert hatten - mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen auf. Bis heute hat sich der basisdemokratische Charakter des Projektes erhalten. Zwar gibt es eine Geschäftsführung, festangestellte Mitarbeiter and einen Trägerverein. Wichtige Entscheidungen, beispielsweise ob eine Band mit sexistischen Textinhalten auftreten darf, werden aber während des so genannten "Montagsplenums" mit allen Aktiven nach dem Konsensprinzip getroffen.


[Jungle World vom 17.12.2003]

Entwarnung

Conne Island. Für Leipzigs soziokulturelles Zentrum Conne Island, dessen Ende fast besiegelt schien (Jungle World, 51/03), besteht wieder Hoffnung. Das Finanzamt teilte den BetreiberInnen in der vergangenen Woche mit, dass nun doch die Möglichkeit bestehe, für das Jahr 2004 eine vorläufige Gemeinnützigkeit erteilt zu bekommen. Damit kann der Trägerverein Projekt auch wieder mit Fördergeldern rechnen, die für das Zentrum lebensnotwendig sind.
Zu der Frage, warum das Finanzamt den Antrag des Conne Island im November überraschend abgelehnt hatte, gibt es ebenfalls Neuigkeiten. In einer Presseerklärung schreibt Christian Schneider, der Geschäftsführer des Zentrums: „Anlass der skandalösen Entscheidung war offensichtlich ein Schreiben des Sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz vom Mai 2003, in dem der Entzug von öffentlichen Fördermitteln für das Conne Island empfohlen wird.“


[junge Welt vom 13.12.2003]

Punktsieg fürs Conne Island

Gerangel um Aberkennung der Gemeinnützigkeit für Leipziger Jugend- und Kulturzentrum.

Das Finanzamt Leipzig hat am Mittwoch ein Einlenken in der Auseinandersetzung um eine weitere Anerkennung der Gemeinnützigkeit des Jugend- und Kulturzentrums Conne Island signalisiert. Vorausgegangen waren mehrere Protestaktionen gegen die existentielle Bedrohung des offenen Jugendtreffs.

Das Conne Island ist ein über die Stadtgrenzen hinaus bekanntes selbstverwaltetes soziokulturelles Zentrum im Süden Leipzigs. Seit seiner Gründung im Jahre 1991 unterstützt das CI kulturelle, politische und gesellschaftliche Initiativen und Projekte durch das Bereitstellen von Räumlichkeiten und Infrastruktur. Die bisherige Arbeit wurde von der Stadt ausdrücklich gewürdigt und auch gefördert, die Heinrich-Böll-Stiftung verlieh für die antifaschistische Präventionsarbeit 1999 einen Preis im Rahmen des Wettbewerbs „Anstiftung zur Einmischung“.

Im November 2003 hatte das Finanzamt angekündigt, dem Trägerverein die Gemeinnützigkeit nicht weiter zu erteilen, außerdem sollte diese rückwirkend bis 1999 aberkannt werden. Auslöser hierfür war offensichtlich eine seit 1999 auf Eintrittsgelder geschlagene „Antifa-Mark“, die antifaschistischen Initiativen und Projekten für ihre Arbeit zur Verfügung gestellt wurde. Eine Aberkennung der Gemeinnützigkeit hätte aufgrund der dann fälligen Steuernachzahlungen das finanzielle Aus des Vereins bedeutet und damit auch des Conne Island. Neben ausbleibenden Spendengeldern wäre zudem auch die weitere finanzielle Förderung durch die Stadt Leipzig in Frage gestellt worden.

Weiterhin unklar ist die Rolle des Sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz in dieser Angelegenheit. In einem Schreiben der Schlapphüte an öffentliche Institutionen vom Mai 2003 heißt es unter anderem, daß „die Fördermittelvergabe an das Conne Island unter politischen Gesichtspunkten zu überprüfen sei“.

Für den 14. Dezember ist eine Demonstration geplant, Beginn ist um 15 Uhr, Karl-Liebknecht/ Ecke Körnerstraße. Ein Sprecher des Vereins: „Im Moment kann noch keine endgültige Entwarnung gegeben werden. Die dem Finanzamt abgerungene Gesprächsbereitschaft sei erst einmal ein Erfolg, und dessen Ankündigung, für 2004 doch noch einen vorläufigen Freistellungsbescheid zu erteilen, lasse hoffen“.   Mark Querfurth


[mephisto vom 11.12.2003]

Finanzamt und Conne Island verhandeln

Im Streit um die Gemeinnützigkeit des Jugend- und Kulturzentrums Conne Island will das Finanzamt mit dem Betreiberverein verhandeln.

Nach Angaben des Conne Island erklärte sich das Finanzamt in einem Brief bereit, noch in diesem Jahr die Frage der Gemeinnützigkeit zu klären.
Das Amt hatte vor zwei Wochen angezweifelt, dass das Conne Island gemeinnützig ist. Der Grund: andere Initiativen müssen keine Miete zahlen, wenn sie Räume des Vereins nutzen. Laut Conne Island gehöre das aber gerade zum Konzept des Zentrums. Sollte das Finanzamt nicht einlenken, könne der Verein keine Fördermittel mehr von der Stadt erhalten. Das würde das Aus bedeuten.
An den vergangenen Sonntagen hatten mehrere hundert Menschen gegen eine mögliche Schließung demonstriert.
Das Conne Island sieht für die Verhandlungen mit dem Finanzamt gute Chancen auf eine gütliche Einigung. Trotzdem soll auch am kommenden Sonntag ein letztes Mal demonstriert werden. Der Verein will so zeigen, dass man mit öffentlichem Protest etwas erreichen könne.

jjank


[Jungle World vom 10.12.2003]

Eiland unter

Das Conne Island in Leipzig ist in Gefahr. Weil die „Antifa-Mark“ nicht an Vereine ging, wurde dem Zentrum die Gemeinnützigkeit abgesprochen.

Es schneit Papierschnipsel. Einige hundert Bild-Zeitungen gingen dafür drauf. Trotzdem hält sich die Weihnachtsstimmung an diesem ersten Advent in Grenzen. Während viele BürgerInnen Leipzigs auf den riesigen Weihnachtsmarkt gestürmt sind, um endlich, dem für die Jahreszeit zu milden Wetter trotzend, Adventsgefühle aufkommen zu lassen, treffen sich auf dem Südplatz der Stadt 800 DemonstrantInnen, die „dem Finanzamt II den Kampf ansagen“ wollen.

Ihnen geht es um die Existenz des Conne Island, eines der wichtigsten und größten Zentren für Jugend-, Sub- und Popkultur in Leipzig. Sie steht auf dem Spiel, weil dem Trägerverein Projekt Verein e.V. kürzlich vom Finanzamt die Gemeinnützigkeit abgesprochen wurde. Deshalb wird das soziokulturelle Zentrum auf Fördergelder verzichten müssen. Sein faktisches Ende steht bevor, wenn die Entscheidung beibehalten wird.

Mit der Gemeinnützigkeit ist es so eine Sache. Sie wird einem eingetragenen Verein ausgesprochen, wenn er „ausschließlich, unmittelbar und selbstlos gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt“. Dem Conne Island wurde zum einen die Möglichkeit für politische und kulturelle Initiativen, sich im Zentrum zu treffen, als gemeinnutzschädigend ausgelegt, zum anderen die Weitergabe der so genannten „Antifa-Mark“ an antifaschistische Gruppen und Initiativen. Der Amtsvorsteher des Finanzamtes II, Curt-Hildebrand von Einsiedel, räumte sich aber eine Bedenkzeit von zwei Wochen ein. Am 10. Dezember will er eine neue Stellungnahme gegenüber dem Conne Island abgeben.

Als die BetreiberInnen des Zentrums 1999 die „Antifa-Mark“ einführten, ahnten sie nicht, dass sie irgendwann ihre Existenz bedrohen könnte. Der auf jeden Eintrittspreis aufgeschlagene Obolus kam antifaschistischen den Initiativen und ihrem Engagement gegen Nazis und Rassismus zu Gute, erklärt Christian Schneider, der Geschäftsführer. Er räumt ein, dass in der Vergangenheit formale Fehler gemacht wurden. Die aber waren dem Finanzamt schon Grund genug, die Gemeinnützigkeit grundsätzlich in Frage zu stellen. So lehnte die zuständige Sachbearbeiterin den Antrag auf vorläufige Gemeinnützigkeit ohne Angabe von Gründen ab.

Sabine Bikowski schweigt zu dem Thema. Sie beruft sich auf das Steuergeheimnis. „Ich darf nichts sagen und nichts weiterleiten.“ Weiterleiten tut sie dennoch, zumindest zum Geschäftsstellenleiter des Finanzamtes II, Christoph Kindler. Er sagt der Jungle World, ein konstruktives Gespräch sei nicht möglich. Aber eine Alternative zu einem geschlossenen Kulturzentrum gebe es immer.

Als Grund für die negative Bescheidung vorheriger Anträge diente der Sachbearbeiterin die Unterstützung politischer und kultureller Initiativen ohne den offiziellen Status der Gemeinnützigkeit.

Die Satzung des Projekt Vereins aus dem Gründungsjahr 1991 besagt, dass der „Zweck des Vereins die Förderung von Bildung, Sport, Kunst und Kultur und eine offene kontinuierliche und unabhängige Arbeit mit und für Jugendliche“ ist. Ihre Arbeit entspreche voll und ganz der durch das Finanzamt anerkannten Satzung, sagen die Leute vom Conne Island. Von Anfang an sei es ihr Ziel gewesen, einen offenen Treff für kulturell und politisch engagierte Jugendliche einzurichten.

Der Finanzamtsvorsteher von Einsiedel behauptet dagegen, dass es Nichtvereinsmitgliedern nicht einmal gestattet sei, Bücher zu lesen oder zu nutzen, die das Conne Island von den Fördergeldern gekauft habe.

Die kommunalen Fördermittel würden mit der Aberkennung der Gemeinnützigkeit wegfallen. Auch verlöre der Verein den Vorteil der Steuerbefreiung, z.B. von Körperschafts- und Gewerbesteuer, und Spenden an ihn ließen sich nicht mehr von der Steuer absetzen. Da auch die Immobilie, also die Konzerthalle, die Halle mit der Skaterbahn und das Café, der Stadt Leipzig gehören, könnte sie dem Conne Island den Mietvertrag kündigen. Zur Zeit übernimmt die Stadt auch einen Teil der Personalkosten, der Miete und der Nebenkosten.

„Unsere Arbeit wird von der Stadtverwaltung Leipzig geschätzt, besonders dem Kulturamt“, sagt Christian Schneider. Er beruft sich gern darauf, dass noch 1999 der Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) zu Besuch war und die Arbeit des Vereins lobte. Für die „geleistete antifaschistische Präventionsarbeit“ wurde das Zentrum im selben Jahr mit einem Preis der Heinrich-Böll-Stiftung ausgezeichnet. Aber inzwischen ist diese Zeit längst vorbei.

Der Kultur- sowie der Jugendhilfeetat der Stadt bekommen im kommenden Jahr jeweils zehn Prozent weniger Geld als bisher. Schließlich steht die Entscheidung vor der Tür, ob die Olympischen Spiele 2012 in Leipzig stattfinden werden oder nicht. Die allgemeinen Einsparungen betreffen auch viele andere kulturelle Jugendprojekte, wie zum Beispiel das Werk II, die Halle 5, das Haus Steinstraße oder die Villa. Aber die Entscheidung, ob dem Conne Island die Gemeinnützigkeit ab- oder zuerkannt wird, hängt allein vom Leipziger Finanzamt ab.

Zur Demonstration an diesem ersten Adventsonntag sind weitaus mehr Menschen gekommen als noch am 26. November, als etwa 150 Personen dem Vorsteher des Finanzamtes II einen Besuch abstatteten, um ihm die kulturelle und politische Dimension der Entscheidung seiner Behörde zu verdeutlichen. Ihre Gründe, für den Erhalt des Conne Island zu kämpfen, sind ganz unterschiedlich.

Durch die Massen drängelnd, trifft man auf Jugendliche wie Johannes Schulze. Er ist Skater und sagt, dass er im Winter nur ins Conne Island gehen könne, da es in Leipzig keine andere Möglichkeit gebe. Sein Freund schließt sich seiner Meinung mit einem Kopfnicken an. „Ich gehe wegen der Größen aus England zu Konzerten ins Conne Island“, erklärt Peter Schellenberg. Er glaubt, dass viele junge Menschen nicht mehr wissen werden, wohin sie gehen sollen, falls das Zentrum schließt. Andere sind nicht wegen des Conne Island gekommen, sondern wegen „der Linken in Leipzig an sich“. So begründet es eine Demonstrantin.

„Das Conne Island ist das, was das Land braucht“, sagt ein Demonstrant. Ein anderer erklärt, dass ihm die Leute dort zwar inzwischen zu elitär geworden seien, aber er verbinde die guten, alten Zeiten mit dem Club. „Zurück zu den Kämpfen der neunziger Jahre“, schallt es denn auch aus dem Lautsprecher des Wagens, der die Demonstration begleitet.

Der „Kampf“ bleibt schließlich aus. Polizisten sperren den Weihnachtsmarkt ab, und die Menge geht friedlich nach Hause. Aber vielleicht wird die von den VeranstalterInnen prophezeite „heiße statt weiße Weihnacht“ ja noch stattfinden. Demonstrationen soll es auch an den kommenden Adventsonntagen geben. Claudia Seidel



[mephisto vom 08.12.2003]

Demos für das "Conne Island" auch an den nächsten Wochenenden

Besucher und Betreiber des "Conne Island" wollen in den nächsten Wochen weiterhin für den Erhalt der Kultureinrichtung auf die Strasse gehen.

Nach Angaben der Geschäftsführung wird es an den kommenden zwei Sonntagen weiterhin Demonstrationen für einen Erhalt der Einrichtung geben. Schon an den vergangenen beiden Wochenenden hatten sich mehrere hundert Menschen an den Protesten beteiligt. Dem Conne Island droht möglicherweise das Aus, da das Finanzamt dem Veranstaltungsort die Gemeinnützigkeit aberkennen möchte. Damit würde das Kulturzentrum Steuervorteile verlieren. Die finanziellen Belastungen könnten zur Schließung führen.

tbeck


[LVZ vom 08.12.2003]

Nach Conne-Island-Demo

Teilnehmer störten Markt-Treiben

"Hände weg vom Conne Island" – mit dieser Forderung demonstrierten gestern nach Angaben des Veranstalters rund 1000 Jugendliche für den Erhalt alternativer Projekte. Die Polizei zählte 600 Personen. Zunächst ging es friedlich von der Kochstraße bis zur Moritzbastei. Nach der dortigen Abschlusskundgebung verteilten sich die Demonstranten. Einige Jugendliche zogen zum Weihnachtsmarkt, wo sie versuchten zu stören und um 17 Uhr vor der Bühne ihre Forderungen wiederholten.
Anlass der neuerlichen Proteste ist die Aberkennung der Gemeinnützigkeit fürs Conne Island durch das Finanzamt. Aufgerufen zum Protest hatten die Betreiber des soziokulturellen Zentrums. r.




[BILD vom 08.12.2003]

Demonstranten knipsten Christbaum aus

Leipzig - Friedliche Protestdemo gestern 15 Uhr gegen das drohende Aus des "Conne Island"
Rund 750 Menschen marschierten vom Connewitzer Kreuz Richtung Innenstadt. Auf Plakaten forderten sie den Erhalt des Soziokulturellen Zentrums in der Koburger Straße und kündigten weitere Sonntags-Demos an – so lange, bis das Überleben des "Conne Island" gesichert ist. Anlass ist die geplante Aberkennung der Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt.
Nach Ende der Demonstration stürmten 50 bis 80 Chaoten die Bühne auf dem Weihnachtsmarkt, löschten kurzzeitig die Lichterkette am großen Weihnachtsbaum. Doch die Polizei hatte die Lage schnell im Griff.





[Neues Deutschland vom 06.12.2003]

Antifa-Mark stört Finanzamt

Linkes Jugendzentrum bangt um Status der Gemeinnützigkeit

Das Leipziger Jugendzentrum „Conne Island“ hat Ärger mit dem Finanzamt. Wird die Gemeinnützigkeit aberkannt, fürchten die Betreiber die Schließung. Die Stadt will weiter fördern.
Auch Solidarität muss sich an Steuergesetze halten. Diese Erfahrung machen derzeit die Betreiber des „Conne Island“, eines linken Jugend- und Kulturzentrums in der Leipziger Südvorstadt. Wer dort Konzerte besucht, hat seit 1999 zusätzlich zum Eintrittspreis auch eine „Antifa-Mark“ entrichtet. Der Obolus, mit dem antifaschistische Gruppen unterstützt werden, sorgt jetzt für Probleme: Das Finanzamt droht dem Verein mit der Aberkennung der Gemeinnützigkeit.
Geschäftsführer Christian Schneider fürchtet nun den Verlust von Förder- und Spendengeldern und damit die Schließung. Bereits seit Monaten führt er einen Briefwechsel mit dem Finanzamt Leipzig II. Dieses habe, so seine Darstellung, neben Problemen bei der Erhebung der Antifa-Mark auch die Verwendung von Vereinsgeldern zugunsten von Projekten moniert, die ihrerseits nicht gemeinnützig sind.
Die Räumlichkeiten des „Conne Island“, das zu den wichtigsten Einrichtungen der linksalternativen Szene in Leipzig gehört, stehen politischen Gruppen und kulturellen Initiativen ebenso wie Bands und Skatern offen. Das Projekt will damit auch rechtsextremistischen Tendenzen entgegenwirken. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse lobte das Engagement; die Heinrich-Böll-Stiftung zeichnete das „Conne Island“ für „Anstiftung zur Einmischung“ aus.
Aus Sicht des Finanzamts ist die Öffnung des Hauses für Gruppen verschiedenster Art offenbar ein Problem. Das Vorgehen sei als „gemeinnutzschädlich“ bezeichnet worden, sagte Schneider von „Conne Island“ – eine Interpretation, die aus seiner Sicht „absurd, juristisch nicht haltbar und völlig realitätsfremd“ ist.
Das Finanzamt wollte den Vorgang auf Anfrage unter Verweis auf das Steuergeheimnis nicht kommentieren. Allgemein erinnern Experten daran, dass gemeinnützige Einrichtungen Spenden sammeln dürften. Diese würden nicht versteuert. Ein solches „Herausscheren“ von Mitteln aus dem Steueraufkommen sei aber nur gerechtfertigt, wenn die Gelder ausschließlich gemeinnützig verwendet würden. Um die korrekte Handhabung der Regelungen in Vereinen zu kontrollieren, erfolge von Amts wegen regelmäßig ein „Abgleich“ zwischen der Satzung und der tatsächlichen Praxis.
Bei Unterstützern des „Conne Island“ regt sich Unmut. Zu einer Demonstration kamen unlängst 800 Teilnehmer; auch dem Finanzamt stattete man einen „Besuch“ ab. Für Sonntag wird erneut mobilisiert. In der Szene vermutet man „politische Gründe“ für das Vorgehen der Behörde. Andere alternative Projekte hätten ähnliche „Steine in den Weg gelegt“ bekommen.
Eine Schließung des Szenetreffs hätte gravierende Folgen, warnte der Leipziger PDS-Landtagsabgeordnete Steffen Tippach. Er verwies nicht nur auf die aktive Jugendarbeit, sondern auch auf die starke Identifikation der Szene mit selbst verwalteten Einrichtungen. Versammlungen ließen erkennen, „dass es gärt“, sagt der Mitbetreiber eines Abgeordnetenbüros in Connewitz. Tippach forderte dazu auf, eine Lösung zu finden, mit der das drohende Aus vermieden werden kann. Andernfalls fürchte er, dass sich frühere Randale wiederholt: „Dann kann ich schon mal Sperrholz vor die Bürofenster schrauben.“
An einer Schließung hat offenkundig auch die Stadt kein Interesse. Der Kulturbeigeordnete führt Gespräche mit Verein und Finanzamt. Auch die finanzielle Unterstützung durch die Stadt – in diesem Jahr erhielt das „Conne Island“ 107600 Euro – stehe nicht in Frage, versicherte Amtsleiterin Susanne Kucharski-Huniat: „Wir werden die Förderung nicht einstellen.“ Im entsprechenden Rahmenvertrag, sagte sie auf Anfrage, sei „die Gemeinnützigkeit nicht als Bedingung genannt“. Hendrik Lasch

Anmerkung zum letzten Absatz des obenstehenden Artikels:

Die drohende rückwirkende Aberkennung der Gemeinnützigkeit ab dem Jahr 1999 stellt – unabhängig von Absichtserklärungen der Amtsleiterin im Kulturamt – die Existenz des Conne Islands in Frage. Mit der Gemeinnützigkeit sind Steuervergünstigungen und weitere Vorteile verbunden, ohne die der Verein nicht überlebensfähig ist; dies vor allem, wenn auf einen Schlag Rückzahlungsforderungen und mögliche Steuerstrafen für vier oder fünf Jahre ans Finanzamt zu zahlen sind.





[LVZ vom 01.12.2003]

"Hände weg vom Conne Island"

Demo für den Erhalt alternativer Projekte

"Hände weg vom Conne Island" – mit dieser Forderung demonstrierten gestern nach Angaben des Veranstalters rund 800 Jugendliche friedlich für den Erhalt alternativer Projekte. Anlass des Protestzuges vom Südplatz in die Innenstadt, der von den Betreibern des soziokulturellen Zentrums initiiert wurde, ist die Aberkennung der Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt. Damit droht dem Conne Island das Aus. Jährlich mehr als 100 000 Gäste würden auf der Straße stehen. Bereits am Mittwoch war vor dem Finanzamt demonstriert worden. Weitere Aktionen wurden angekündigt. S.G.




[LVZ vom 27.11.2003]

Vorm Finanzamt II

Verein Conne Island demonstriert für seine Gemeinnützigkeit

Gegen die Aberkennung der Gemeinnützigkeit des Conne Island haben gestern etwa 120 Jugendliche vor dem Leipziger Finanzamt II demonstriert. Die Behörde wirft dem Verein vor, Gruppen und Personen bei ihrer Arbeit zu unterstützen, die eigentlich beim Finanzamt gemeldet sein müssten. Was bei politischen und kulturellen Gruppen angebracht erscheine, werde problematisch, wenn es sich etwa um jugendliche Skater handelt, die nur in Ruhe üben wollen, findet dagegen Andreas Englisch vom Conne Island.
Weiterer Vorwurf gegen das alternative Jugend-Kulturzentrum: unzulässige Einnahme und Weitergabe der so genannten Antifa-Mark an Gruppen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren. Das Finanzamt wolle den Fall innerhalb der nächsten zwei Wochen erneut prüfen, so Englisch. Bleibt der Bescheid bestehen, verliere das Conne Island die Fördergelder für 2004 und müsse wahrscheinlich schließen, meint er. mad




[BILD vom 27.11.2003]

Finanzamt will Sonder-Status streichen

Conne Island bald dicht?

Polizei-Einsatz gestern im Finanzamt Leipzig: 120 Autonome waren mit Transparenten zu dem Gebäude gezogen, wollten für das Conne Island demonstrieren. Hintergrund: das Finanzamt will die Gemeinnützigkeit des Conne Island aberkennen. Martin Eggers (30), Sprecher der Demonstranten: "Es ist das soziokulturelle Zentrum Leipzigs mit offenem Jugendtreff. Es wird gefördert duch die Stadt. Wenn die Gemeinnützigkeit wegfällt, fallen auch die Fördergelder weg. Und das würde das Ende bedeuten." Nach einem Gespräch mit dem Finanzamts-Chef zogen die Demonstranten ab.


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last modified: 26.12.2003